adiabatische Entmagnetisierung

adiabatische Entmagnetisierung
adiabatische Entmagnetisierung,
 
Verfahren zur Erzeugung sehr tiefer Temperaturen (unter 1 K) unter Ausnutzung eines magnetokalorischen Effekts. Paramagnetische Atome besitzen einen Spin, der entweder von ihren Elektronen oder vom Atomkern (Kernspin) herrührt, und mit ihm verknüpft ein magnetischer Moment (Atom- oder Kernmoment), sodass man sie als winzige Elementarmagnete (magnetische Dipole) ansehen kann. Diese Spins und magnetische Momente sind im Kristallgitter eines festen paramagnetischen Stoffes normalerweise regellos orientiert und verändern infolge der Wärmebewegung (thermische Gitterschwingungen) der Atome fortwährend ihre Richtung im Raum. Legt man nach Abkühlung auf etwa 1 K ein äußeres Magnetfeld (Stärke etwa 1 Tesla) an, so werden sie parallel zur Feldrichtung ausgerichtet. Bei diesem Übergang vom ungeordneten in den geordneten Zustand wird (ähnlich wie beim Phasenübergang von Wasser zu Eis) Energie in Form von Wärme frei, die an das zur Vorkühlung benutzte Kühlmittel abgegeben wird. Wird anschließend die Magnetfeldstärke wieder langsam verringert, so kehren die magnetischen Momente in ihren statistisch ungeordneten Zustand zurück (Entmagnetisierung). Unterbricht man vor der Reduzierung des Magnetfelds den Wärmekontakt der Probe mit der Umgebung (adiabatische Prozessführung), so wird die zur Erhöhung der Spinentropie erforderliche Wärmemenge den thermischen Gitterschwingungen der Atome entzogen, was eine Temperaturerniedrigung zur Folge hat. Das Verfahren arbeitet nur bis zu einer Temperatur, bei der die magnetische Wechselwirkung zwischen den atomaren magnetischen Dipolen zu einer spontanen Ausrichtung ohne äußeres Magnetfeld führt. Diese Ordnungstemperatur der verwendeten Substanz, die umso niedriger ist, je kleiner die magnetische Wechselwirkung ist, muss unterhalb der gewünschten Endtemperatur liegen, die außerdem von der Ausgangstemperatur und der Magnetfeldstärke abhängt. Bei 1 K Ausgangstemperatur sind durch adiabatische Entmagnetisierung der magnetischen Momente der Elektronenhülle in Verbindungen mit magnetischen Ionen der seltenen Erden (paramagnetische Salze) Temperaturen von rd. 1 mK erreichbar. Wird die Probe auf 0,01 K vorgekühlt, so lässt sich auch die adiabatische Entmagnetisierung der magnetischen Kernmomente, die etwa drei Größenordnungen schwächer sind als die Momente der Elektronen, ausnutzen, wozu jedoch Magnetfelder von 10 Tesla benötigt werden. Auf diese Weise sind Temperaturen im Mikro-Kelvin-Bereich zugänglich (Tieftemperaturphysik).

Universal-Lexikon. 2012.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Adiabatische Entmagnetisierung — Die magnetische Kühlung (Kühlung durch adiabatische Entmagnetisierung) ist eine Methode der Tieftemperaturphysik, mit der kleine Materialmengen auf Temperaturen unter 1 mK (Millikelvin) gekühlt werden können. Sie dient vor allem der… …   Deutsch Wikipedia

  • adiabatische Entmagnetisierung — adiabatinis išmagnetinimas statusas T sritis fizika atitikmenys: angl. adiabatic demagnetization vok. adiabatische Entmagnetisierung, f rus. адиабатическое размагничивание, n pranc. démagnétisation adiabatique, f; désaimantation adiabatique, f …   Fizikos terminų žodynas

  • adiabatische Entmagnetisierung — adiabatinis išsimagnetinimas statusas T sritis fizika atitikmenys: angl. adiabatic demagnetization vok. adiabatische Entmagnetisierung, f rus. адиабатическое размагничивание, n pranc. démagnétisation adiabatique, f; désaimantation adiabatique, f …   Fizikos terminų žodynas

  • Adiabatische Kernentmagnetisierung — Die magnetische Kühlung (Kühlung durch adiabatische Entmagnetisierung) ist eine Methode der Tieftemperaturphysik, mit der kleine Materialmengen auf Temperaturen unter 1 mK (Millikelvin) gekühlt werden können. Sie dient vor allem der… …   Deutsch Wikipedia

  • Adiabatische Magnetisierung — Die magnetische Kühlung (Kühlung durch adiabatische Entmagnetisierung) ist eine Methode der Tieftemperaturphysik, mit der kleine Materialmengen auf Temperaturen unter 1 mK (Millikelvin) gekühlt werden können. Sie dient vor allem der… …   Deutsch Wikipedia

  • Entmagnetisierung — ent|ma|g|ne|ti|sie|ren <sw. V.; hat: in einen unmagnetischen Zustand versetzen. Dazu: Ent|ma|g|ne|ti|sie|rung, die; , en. * * * I Entmagnetisierung   [engl. degaussing], bei Bildröhren der Abbau störender Magnetfelder. Im Betrieb von… …   Universal-Lexikon

  • Magnetische Kühlung — Die magnetische Kühlung (Kühlung durch adiabatische Entmagnetisierung) ist eine Methode der Tieftemperaturphysik, mit der kleine Materialmengen auf Temperaturen unter 1 mK (Millikelvin) gekühlt werden können. Sie dient vor allem der… …   Deutsch Wikipedia

  • Tieftemperaturphysik — Tief|tem|pe|ra|tur|phy|sik 〈f.; ; unz.〉 Gebiet der Physik, das sich mit der Erzeugung tiefster Temperaturen u. den dabei auftretenden Erscheinungen befasst * * * Tieftemperaturphysik,   Spezialgebiet der Physik, das sich mit der Erzeugung und… …   Universal-Lexikon

  • Paramagnetismus — Pa|ra|ma|gne|tịs|mus auch: Pa|ra|mag|ne|tịs|mus 〈m.; ; unz.; Phys.〉 nicht durch Ferromagnetismus hervorgerufene Magnetisierung eines Stoffes in einem äußeren Magnetfeld in Richtung dieses Feldes durch teilweise Ausrichtung der magnet. Momente… …   Universal-Lexikon

  • Debye — De|bye [də bɛi̯ə; nach dem niederl. Chemiker u. Physiker P. J. W. Debye (1884–1966)], das; s, ; Einheitenzeichen: D: veraltete Einheit des elektr. Dipolmoments: 1 D = 10‒18 Fr · cm = 3,335·64 · 10‒30 C · m. * * * Dẹbye   [də bɛi̯ə], Peter… …   Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”